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Während die OMV Nachhaltigkeitsstrategie prominent nach außen kommuniziert wird, entpuppen sich viele Versprechen auf den zweiten Blick als zahnlos. Greenpeace zeigt auf, wie die folgenden acht Nachhaltigkeitsversprechen zu lesen sind und was wirklich dahinter steckt.
1) „Bis 2025 sollen CO2-arme/CO2-freie Produkte mindestens 60% des Portfolios ausmachen” (Quelle)
Zu den CO2-armen Produkten wird bei diesem Versprechen auch Gas gezählt. Dabei ist der fossile Energieträger keineswegs CO2-arm oder klimaneutral – es entstehen bei der Verbrennung nur etwas weniger CO2-Emissionen als bei Kohle oder Öl. Es sind aber immer noch eine ganze Menge. Zusätzlich kämpft die Gasindustrie mit entweichendem Methan – ein 25x stärkeres Klimagas als CO2. Deshalb fordert auch der Weltklimarat für eine Stabilisierung der Erderwärmung auf 1,5 Grad, dass der Verbrauch von Gas im Zeitraum 2010-2030 um 25% weltweit sinken muss. Die OMV macht jedoch das Gegenteil und will ihre Fördermenge von Öl und Gas bis 2025 auf 600.000 Barrel pro Tag zu erhöhen. Der erhöhte Gasanteil kompensiert jedoch nicht den Ölanteil, sondern die Ölfördermenge bleibt stabil, während sich die Gasfördermenge weiter erhöht.
2) „Unsere gesamte Geschäftstätigkeit soll bis spätestens 2050 klimaneutral sein” (Quelle)
Dieses Versprechen umfasst nur jene Treibhausgas-Emissionen, die direkt in den eigenen Anlagen und bei den Energieproduzenten der OMV anfallen. Damit nicht mitgemeint sind jene Emissionen, die beim Verbrauch von Öl und Gas anfallen – also wenn Gas in der Therme oder Benzin bei der Autofahrt verbrannt wird. Aber letzteres ist die Mehrheit: 92% der durch die OMV zu verantwortenden Emissionen fallen nicht in der Produktion, sondern im Verbrauch von Öl und Gas an. Diese sind vom Versprechen der Klimaneutralität ausgeschlossen.
3) „Bis zu 500 Mio. Euro Investitionen in innovative Energielösungen bis 2025” (Quelle)
Die OMV kündigte an, bis 2025 bis zu 500 Mio. Euro in innovative Energielösungen zu investieren. Bei einem Jahresumsatz von 23,46 Mrd. Euro 2019, wird jedoch schnell klar: Die OMV investiert mit 100 Mio. Euro pro Jahr lediglich 0,43% ihres Umsatzes in innovative Energielösungen. Da eine umfassende Transformation der OMV raus aus Öl und Gas notwendig ist, reicht diese Summe nicht im Entferntesten aus, um den Konzern nachhaltig umzubauen.
4) „Gas ist umweltschonend” (Quelle)
Erdgas verursacht in der Verbrennung erheblich klimaschädliche CO2-Emissionen. Zusätzlich kommt es vor allem im Upstream-Bereich bei der Förderung von Öl und Gas, aber auch bei Transport und Lagerung von Erdgas zum sogenannten Methanschlupf – das bedeutet, dass große Mengen an Methan direkt in die Luft entweichen. Da Methan rund 25 mal so klimaschädlich wie CO2 wirkt, hat das große Auswirkungen auf die Klimakrise. Auch die Methanemissionen der OMV schwanken pro Jahr stark – im Jahr 2019 wurden 49.376 Tonnen an Methan-Emissionen angegeben, in CO2-Äquivalente umgerechnet sind das 1,23 Mio. Tonnen pro Jahr. Das ist so viel wie 630.000 Autos pro Jahr verursachen, was knapp weniger als allen in Wien zugelassenen PKW entspricht.
5) „Langfristig müssen wir auf neue Technologien wie CO2-Abscheidung, -Nutzung oder -Speicherung zurückgreifen” (Quelle)
In Österreich ist die CO2-Speicherung per Gesetz verboten, da die Technologie der Kohlendioxidspeicherung noch nicht ausgereift und unsicher ist. Wenn CO2 in hohen Mengen unter die Erde gepumpt wird, können negative Konsequenzen auf Umwelt und Menschen nicht ausgeschlossen werden. Zusätzlich kann die Aussicht auf diese technisch weit entfernte Scheinlösung als falsche Rechtfertigung für ein „Weiter-wie-bisher” in der Öl- und Gasförderung wirken, während es tatsächlich noch überhaupt keine Lösung für eine sichere Speicherung gibt. Uns läuft aber die Zeit davon: Bis 2050 müssen die weltweiten Treibhausgasemissionen auf Null sinken, um das Klimasystem zu stabilisieren. Auf eine unausgereifte Technologie zu setzen, können wir uns nicht leisten – und auch nicht die OMV.
6) „Borealis-Kauf als Weichenstellung für eine CO2-ärmere Zukunft” (Quelle)
Der Kauf der Borealis wird von der OMV damit begründet, dass vermehrt auf die Veredelung statt auf die Verbrennung von fossilen Brennstoffen gesetzt und dadurch die CO2-Bilanz der OMV aufgebessert werden soll. Die Borealis ist ein globaler Player in der Plastikindustrie – mit CO2-Emissionen von 4,6 Millionen Tonnen im Jahr 2019. Das ist somit keineswegs ein klimafreundliches Investment. Problematisch an der Veredelung von fossilen Rohstoffen ist, dass dabei nicht nur langlebige Produkte erstellt werden, sondern mit hohem Energieeinsatz große Mengen an Einweg-Plastik – das am Ende oft erst Recht wieder in der Verbrennung landet und dort CO2-Emissionen verursacht.
7) “ReOil als Möglichkeit für eine geschlossene Kreislaufwirtschaft” (Quelle)
Aus Öl wird Plastik und aus Plastik wieder Öl? Klingt zu einfach, um wahr zu sein – und ist es auch. Der größte Haken ist, dass der Prozess sehr energieaufwendig ist. In einer Welt, in der ein Großteil der Energie noch aus fossilen Bereichen stammt und damit der Energieverbrauch massiv zur Klimakrise beiträgt, müssen wir nicht nur auf erneuerbare Energien setzen, sondern auch Energie einsparen. Wir haben schlicht und einfach nicht den Luxus, auf eine sehr energieintensive Kreislaufwirtschaft zu setzen. Ziel muss sein, dass Plastik erst gar nicht produziert wird, sondern auf langlebige und Mehrweg-Produkte gesetzt wird. Zusätzlich bleibt ReOil ein Tropfen auf dem heißen Stein: Selbst wenn es der OMV gelingen sollte, ein Drittel des österreichweiten Kunststoffabfalls zu ReOil zu verarbeiten, entspricht die dadurch gewonnene Menge Öl nur knapp unter 2,9 Prozent der jährlich von der OMV erzeugten Menge Erdöl.
8) „Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und unterstützen die Ziele des Pariser Übereinkommens zum Klimawandel sowie die EU-Klimaziele.” (Quelle)
Die OMV gibt für Lobbying auf EU-Ebene laut dem öffentlichen Register rund 500.000 € aus und ist dabei unter anderem auch Mitglied im Verband „Business Europe”. Business Europe ist dafür bekannt, aktiv gegen ambitionierte EU-Klimaziele vorzugehen und kritisierte die geplante Erhöhung des letzten EU-Klimaziels (damaliges Klimaziel: -40% Emissionen bis 2030). Um die Pariser Ziele zu erreichen und die Begrenzung der Klimaerhitzung auf 1,5 Grad zu ermöglichen ist eine Reduktion von rund 65% im EU-Raum notwendig. Wer diese Erhöhung blockiert, erteilt also auch dem Pariser Klimaabkommen und damit einer nachhaltigen Zukunft eine Absage.